Nach der Zustimmung von Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino zu einer EU-Zinssteuer wird es immer wahrscheinlicher, dass das neue System am 1. Juli 2005 in Kraft tritt. Das Bundesfinanzministerium hat bereits ein umfangreiches Einführungsschreiben zur Zinsinformationsverordnung (ZIV) veröffentlicht, welches Einzelheiten zum neuen Kontrollmitteilungsverfahren enthält.
Bei ihrem Treffen Mitte April haben die EU-Finanzminister die letzten Interpretationsschwierigkeiten ausgeräumt, die dem Verfahren noch im Wege standen. So haben Großbritannien und Holland versprochen, dass sie auch in den mit ihnen assoziierten Gebieten die EU-Zinsrichtlinie umsetzen. Insbesondere betrifft das die Kanalinseln und die Niederländischen Antillen. Außerdem vereinbarten die Minister, dass die bis zum 1. Juli 2005 aufgelaufenen Stückzinsen Ende des Jahres nicht der EU-Quellensteuer unterworfen werden.
Formal müssen nun noch San Marino und Liechtenstein das Abkommen ratifizieren, damit die Minister beim Ecofin-Treffen im Juni die Zinsrichtlinie bestätigen können. Ist die Informationsverordnung erst einmal in Kraft getreten, melden die beteiligten Staaten zukünftig Zinseinkünfte grenzüberschreitend an die Wohnsitzfinanzbehörden der Anleger. Diejenigen Staaten, die an ihrem Bankgeheimnis festhalten wollen, erheben stattdessen eine anonyme Quellensteuer von zunächst 15 %, die bis 2012 auf 35 % steigen soll. Dies sind im Moment Belgien, Luxemburg, Österreich, die Schweiz, Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino.
Für Anleger bestehen allerdings nach wie vor noch einige Gestaltungsspielräume:
Die Besteuerung gilt nur für Zinserträge, nicht aber für Dividenden aus Aktien und Erträge aus Lebensversicherungen.
Bei Aktienfonds unterbleibt eine Besteuerung, wenn der Fonds maximal 15 % seines Vermögens in Zinspapieren anlegt.
Die Besteuerung gilt nicht für sog. "Großvater-Anleihen", das sind Anleihen, die vor dem 1. März 2001 aufgelegt worden sind. Diese Ausnahmeregelung ist bis 2010 begrenzt.
Die Regeln gelten nur für natürliche Personen, nicht aber für juristische Personen, z. B. Trusts.